– Der Verlust eines großen Mannes: Jesuit Seibel ist verstorben, seine Schule prägte Tausende von Publizisten in Deutschland

Pater Wolfgang Seibel: Der Mann, der eine Journalistenschule der katholischen Kirche gründete

1968 war ein Jahr des Aufbruchs, der Veränderung und der Revolution. Auch die katholische Kirche blieb nicht unberührt von den zeitgenössischen Strömungen. In diesem Jahr gründete sie eine eigene Journalistenschule, die zunächst den sperrigen Namen „Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses“ (ifp) erhielt. Doch schnell wurde der Name zu Ehren des Gründungsdirektors Wolfgang Seibel inoffiziell als „Seibel-Institut“ bekannt.

Seibel war ein Mann des Zweiten Vatikanischen Konzils, das von 1962 bis 1965 stattfand. Als Berichterstatter für die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) aus Rom machte er die Reformbeschlüsse des Konzils bekannt. Diese Reformen strebten einen offenen Dialog mit der modernen Welt an, anstatt sich abzuschotten und zu verurteilen. Seibel übertrug diese Ideale auf die Journalistenausbildung am ifp und betonte die Bedeutung des gemeinsamen Ringens um die Wahrheit.

Sein Vermächtnis, nie als allwissender Lehrmeister aufzutreten und stets im offenen Dialog nach der Wahrheit zu suchen, ist auch heute noch von großer Bedeutung. Der Förderverein des ifp vergibt seit 2004 den Pater-Wolfgang-Seibel-Preis für herausragende journalistische Nachwuchsarbeiten und führt damit sein geistiges Erbe fort.

Seibel musste sich während seiner Zeit als ifp-Direktor mit Vorbehalten von außen und innen auseinandersetzen. Einige vermuteten, die Kirche wolle mit der Journalistenschule Einfluss in den Medien gewinnen, während andere befürchteten, dass kritische Journalisten herangezüchtet würden. Seibel konterte diese Vorwürfe mit einem Verweis auf die Erneuerungsbedürftigkeit der Kirche und betonte die Wichtigkeit kritischer Stimmen.

Auch als Chefredakteur der Jesuiten-Monatszeitschrift „Stimmen der Zeit“ setzte Seibel sich für Reformen in der Kirche ein und griff kontroverse Themen wie Bischofsernennungen und die Stellung der Frau auf.

Sein Vermächtnis und seine Ideale werden auch weiterhin in der journalistischen Ausbildung am ifp gelebt. Durch die Vergabe des Pater-Wolfgang-Seibel-Preises und die Anerkennung seiner Arbeit lebt sein Geist weiter. Wolfgang Seibel war ein Mann des Dialogs, der Wahrheitssuche und der Erneuerung – und seine Worte haben gerade in der heutigen Zeit, geprägt von Krisen und Skandalen, eine besondere Bedeutung.

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