Studie zeigt: Evangelische Kirche reagiert kaum auf Missbrauchsfälle
Die katholische Kirche steht seit Jahren im Fokus der Öffentlichkeit, wenn es um Fälle von sexualisierter Gewalt geht. Doch auch die evangelische Kirche bleibt nicht verschont, wie nun eine Studie zeigt. Bei einer Online-Veranstaltung des Dekanats Fürth wurden die Ergebnisse der ForuM-Studie präsentiert, die erschreckende Zahlen zutage brachte.
Laut der Studie sind seit 1946 in Deutschland mindestens 9.355 Kinder und Jugendliche in der evangelischen Kirche und Diakonie sexuell missbraucht worden. Diese Zahl liegt weit über den bisher bekannten Zahlen und zeigt, dass das Ausmaß des Missbrauchs in der evangelischen Kirche unterschätzt wurde.
Interessanterweise gab es jedoch kaum Reaktionen seitens der evangelischen Gemeinden auf die Ergebnisse der Studie. Dies könnte laut Mitautor der Studie daran liegen, dass das Selbstbild der evangelischen Kirche einer Aufarbeitung im Weg steht. Es besteht ein stark etabliertes Selbstbild, die „bessere Kirche“ zu sein, was dazu führt, dass bestimmte Faktoren, die zu sexualisierter Gewalt führen können, nicht ernst genommen werden.
Ein weiterer kritischer Punkt, der in der Studie angesprochen wird, ist der „Harmonisierungszwang“ in der evangelischen Kirche. Konflikte werden oft vermieden und es wird zwischen „guten“ und „schlechten“ Betroffenen unterschieden. Dies führt dazu, dass Missbrauchstäter nicht angemessen zur Verantwortung gezogen werden und sich niemand wirklich für die Aufarbeitung zuständig fühlt.
Die geringe Resonanz auf die Studienergebnisse spiegelt sich auch in der Teilnehmerzahl der Online-Veranstaltung des Dekanats Fürth wider, bei der lediglich 25 Personen anwesend waren. Diese geringe Zahl sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein dringender Handlungsbedarf besteht, um sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche aufzuarbeiten und Betroffenen Hilfe und Unterstützung anzubieten.
Es ist an der Zeit, dass die evangelische Kirche sich dieser Problematik stellt und konkrete Maßnahmen ergreift, um Missbrauch zu verhindern und Opfern gerecht zu werden. Nur durch eine offene Auseinandersetzung und einen ehrlichen Dialog kann Veränderung geschaffen werden.