Pater Wolfgang Seibel: Ein Leben für den Journalismus und die Kirche
Das Jahr 1968 war geprägt von revolutionären Veränderungen in der Gesellschaft, die sich auch auf die katholische Kirche auswirkten. In diesem Jahr gründete die Kirche eine eigene Journalistenschule, die zunächst den sperrigen Namen „Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses“ trug. Doch schnell setzte sich der umgangssprachliche Name „Seibel-Institut“ durch, zu Ehren des Gründungsdirektors Wolfgang Seibel, der kürzlich im Alter von 95 Jahren in München verstorben ist.
Wolfgang Seibel war ein Mann des Zweiten Vatikanischen Konzils, das die katholische Kirche zu einer offeneren Haltung gegenüber der Moderne ermutigte. Während seiner Zeit als Direktor des Instituts legte Seibel Wert darauf, dass die Journalistenschüler im offenen Dialog nach der Wahrheit suchen sollten, ohne sich als allwissende Lehrmeister aufzuspielen, sondern gemeinsam mit anderen nach Lösungen für Probleme zu suchen.
Sein geistiges Erbe wird bis heute durch den Pater-Wolfgang-Seibel-Preis weitergeführt, eine Auszeichnung für herausragende journalistische Nachwuchsarbeiten. Seibel setzte sich als Chefredakteur der Zeitschrift „Stimmen der Zeit“ auch kirchenpolitisch für radikale Reformen ein, die auch heute noch diskutiert werden.
Trotz seines hohen Alters war Seibel nie einsam, da ihm viele seiner ehemaligen Schüler treu blieben. Mit dem Münchner Kardinal Friedrich Wetter verband ihn mehr als eine Klassenkameradschaft, sie waren sogar Mitbewohner in einem katholischen Pflegeheim. Doch die Zeit war knapp, und mit dem Tod von Seibel ist eine bedeutende Persönlichkeit der katholischen Journalistenausbildung von uns gegangen. Sein Vermächtnis wird jedoch weiterleben.