Die Auswirkungen der Totalrevision der Bundesverfassung von 1874 auf die katholische Kirche: Ein historischer Rückblick
Die Totalrevision der Bundesverfassung im Jahr 1874 hatte weitreichende Auswirkungen auf die Beziehung zwischen Staat und Kirche in der Schweiz, insbesondere auf die katholische Kirche. Die neuen Bestimmungen, die als „konfessionelle Ausnahmeartikel“ bezeichnet wurden, verschärften die Maßnahmen gegen die katholische Kirche und hatten langfristige Folgen.
Einer der kontroversesten Aspekte der Totalrevision war die Regelung in Bezug auf die katholischen Bistümer. Der revidierte Artikel 50 machte die Gründung neuer Bistümer durch die katholische Kirche von der Genehmigung durch den Bundesrat abhängig. Darüber hinaus wurden Bestimmungen eingeführt, die die Aktivitäten der Jesuiten im Schulwesen untersagten und die Gründung neuer Klöster und Orden verboten.
Besonders problematisch war der neue Verfassungsartikel 75, der die politische Beteiligung katholischer Priester und sogar reformierter Pfarrer einschränkte. Diese Diskriminierung wurde von Experten als klar diskriminierend eingestuft. Dennoch müssen diese Bestimmungen im historischen Kontext betrachtet werden.
Der Konflikt um das Bistum Genf war ein direktes Ergebnis des „Kulturkampfs“ zwischen Liberalismus und Kirche, der in den 1870er Jahren auch in der Schweiz stattfand. Der Papst Pius IX. hatte den liberalen Staat herausgefordert, was zu Spannungen und Konflikten führte.
Die Regelungen zu den Jesuiten und den Klöstern hatten ebenfalls eine lange Vorgeschichte, die bis in die Reformationszeit zurückreicht. Die Jesuiten wurden seit Jahrhunderten mit Misstrauen betrachtet und galten als finstere Intriganten. Das Verbot des Jesuitenordens in der Bundesverfassung von 1848 war ein Ergebnis dieser langen Tradition der „Jesuitophobie“.
Die konfessionellen Ausnahmeartikel blieben lange Zeit bestehen, obwohl sich die politische Landschaft in der Schweiz änderte. Erst im Jahr 1973 wurde die Aufhebung der Artikel 51 und 52 in einer Volksabstimmung beschlossen. Damit endeten die Schikanen gegen die katholische Kirche in der Schweiz.
Die Geschichte der konfessionellen Ausnahmeartikel in der Schweizer Verfassung ist ein Beispiel dafür, wie historische Konflikte und Vorurteile die Gesetzgebung beeinflussen können. Die Aufhebung dieser Bestimmungen markierte einen wichtigen Schritt hin zu einer toleranteren und pluralistischeren Gesellschaft in der Schweiz.