Große Umbrüche und Richtungsentscheidungen: Wie die Kirchen in Deutschland auf den Rückgang der Religiosität reagieren
Die katholische Theologin Johanna Rahner hat bei einer Tagung in der Katholischen Akademie Freiburg darauf hingewiesen, dass die beiden großen Kirchen in Deutschland vor großen Umbrüchen und Richtungsentscheidungen stehen. Immer weniger Menschen sind religiös und fühlen sich zugehörig zu einer Kirche. Dieser Trend ist nicht neu, hat aber in den letzten Jahren weiter zugenommen. Die Theologin betonte, dass es wichtig sei, diesen Befund zu akzeptieren und sich den Herausforderungen zu stellen.
Ein anderer Theologe, Tobias Kläden, wies darauf hin, dass die Grundannahme, wonach jeder Mensch von Natur aus religiös sei, möglicherweise überdacht werden müsse. Religiosität könne vielmehr ein kulturelles Phänomen sein, das auch wieder verschwinden könne. Die jüngste Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung bestätigt, dass immer weniger Menschen sich zu einer Kirche oder religiösen Gemeinschaft bekennen.
Johanna Rahner betonte, dass es entscheidend sei, wie die Kirchen mit diesem Bedeutungs- und Relevanzverlust umgehen. Ein Rückzug in eine kleine, abgeschottete Gemeinschaft würde letztendlich zur Bedeutungslosigkeit führen. Stattdessen plädierte sie dafür, sich den Anfragen der Moderne zu stellen und den Glauben an die individuellen Fragen der Menschen anzupassen.
Die Zukunft des kirchlichen und religiösen Lebens in Deutschland sei offen, so Rahner. Vielleicht bleibe den Kirchen nichts anderes übrig, als „erfolgreich zu scheitern“. Es sei wichtig, dass Kirche und Religion sich immer wieder neu erfinden und auf die Bedürfnisse der Gläubigen eingehen.
Die katholische Kirche in Deutschland verzeichnet jedes Jahr hohe Austrittszahlen. Im Jahr 2022 sind über eine halbe Million Menschen aus der Kirche ausgetreten. Die Mitgliederzahl liegt nun bei rund 20,9 Millionen. Dies zeigt deutlich, dass sich die Kirchen mit einer schwindenden Anhängerschaft und steigender Ablehnung von Religion auseinandersetzen müssen. Es ist an der Zeit, neue Wege zu finden, um relevant zu bleiben und den Glauben in einer sich wandelnden Gesellschaft zu leben.